Presse-Archiv 2015


 

HNA vom 22.08.15
https://www.hna.de/kassel/ganz-viel-henschel-rothenditmold-5369409.html

Ehemalige Werkshallen und Verwaltungsgebäude bieten Domizil für Museen und Künstler

Ganz viel Henschel in Rothenditmold

Die Kesselschmiede von Henschel vor gut 100 Jahren: Aus der Firmenchronik stammt diese Darstellung, die die riesigen Hallen für den Lokomotivbau zeigt. Henschel stieg bis zum Zweiten Weltkrieg zum größten Lokbauer Europas auf. © Repro:  HenschelmuseumDie Kesselschmiede von Henschel vor gut 100 Jahren: Aus der Firmenchronik stammt diese Darstellung, die die riesigen Hallen für den Lokomotivbau zeigt. Henschel stieg bis zum Zweiten Weltkrieg zum größten Lokbauer Europas auf. © Repro:  Henschelmuseum
 

Zum Abschluss unserer Serie über historische Standorte von Industrie und Gewerbe in Kassel geht es heute um das ehemalige Henschelwerk Rothenditmold. Hier haben sich zwei ehrenamtlich betriebene Museen, Künstler und Skater angesiedelt.

Kassel. In den riesigen Werkshallen wurden tausende von Lokomotiven gebaut, hier hat Henschel Technikgeschichte geschrieben. An den früher größten Lokomotivbauer Europas und größten Arbeitgeber Kassels erinnern auf dem 40.000 Quadratmeter großen Gelände in Rothenditmold zahlreiche Gebäude.

Vom Technikmuseum genutzt: In den ehemaligen Henschelhallten steht diese bei Henschel 1942 produzierte Lokomotive. © Foto:  Scott/nh

Die sehen zum größten Teil heute noch so aus, wie sie zum 100. Geburtstag von Henschel in einer aufwändig gestalteten Festschrift dokumentiert wurden. Das Henschelmuseum, das in einem ehemaligen Verwaltungsgebäude auf dem Gelände ansässig ist, hat uns diese Rarritäten zur Verfügung gestellt.


Die Darstellung aus dem Jahr 1910 zeigt die riesige Produktionshalle der Kesselschmiede. Anfang des 20. Jahrhunderts war Henschel zu einer international bekannten Marke geworden.
 

Auf der Weltausstellung in St. Louis (USA) wurde im Jahr 1904 die damals modernste Henschel-Schnellbahnlok präsentiert. Die brachte es auf eine für die damalige Zeit sensationelle Höchstgeschwindigkeit von 144 Kilometern pro Stunde. Die Geschäfte bei Henschel gingen gut. Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs im Jahr 1914 stieg die Zahl der Mitarbeiter auf 10.000.





Hallen blieben erhalten


Ein Begriff: Der Henschelstern mit dem Henschelschriftzug.

Der Lokomotivbau in Rothenditmold begann mit dem Bau der Hammerschmiede im Jahr 1871. Sowohl dieses Gebäude als auch die übrigen Gebäude sind trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg weitgehend erhalten geblieben. In der Halle der Kesselschmiede, die auf dem großen Bild zu sehen ist, steht heute eine 110 Tonnen schwere Lokomoitive. Die wurde 1942 bei Henschel gebaut und ist mittlerweile Bestandteil des Technikmuseums.


 

Das präsentiert im ehemaligen Henschelwerk Rothenditmold herausragende Produkte der Kasseler Technikgeschichte vom Drache bis zum Transrapid. Gleich nebenan verwahrt das ebenfalls ehrenamtlich betriebene Henschelmuseum Fotos, Konstruktionszeichnungen und andere schätze der Unternehmensgeschichte. Zahlreiche Künstler, Musiker und ein Skaterverein nutzen die Räumlichkeiten auf dem Gelände.

 

Immobilienfonds ist Besitzer

„Das ist eines der wenigen gut erhaltenen ehemaligen Industriegelände in Deutschlang“, sagt Bernd Scott vom Technikmuseum. Im Gegensatz zu vielen anderen Nutzern hat das einen langfristigen Mietvertrag. Was der Eigentümer des Geländes damit mittelfristig vorhat, ist nicht bekannt.

Das ehemalige Henschel-Areal an der Wolfhager Straße gehört dem Immobilienfonds Alemory Grundstücks GmbH. Dahinter steht der zypriotische Investor Grand City Property. In jüngster Zeit gab es immer wieder Kritik, dass zu wenig für den Erhalt der denkmalgeschützten Gebäude getan wird.


 

HNA vom 24.05.15
 >  >  > Historische Dampflok steht jetzt im Kasseler Technikmuseum

Historische Dampflok steht jetzt im Kasseler Technikmuseum


Auslieferung einer Henschel-Lok der 1930er-Jahre: So sah das Gelände in Rothenditmold damals aus. Foto: Henschelmuseum / nh

Kassel. Es hat nicht viel gefehlt und die alte Henschel-Dampflok aus dem Jahr 1942 wäre verschrottet worden. Jetzt ist das 110 Tonnen schwere Relikt der Kasseler Industriegeschichte unter dem Dach des Technikmuseums in Rothenditmold zu sehen.

„Hier auf dem ehemaligen Henschelgelände wurde diese Lok zusammen mit Tausenden von anderen hergestellt, hier können wir sie endlich angemessen präsentieren“, sagt Bernd Scott, einer der Initiatoren des ehrenamtlich betriebenen Museums.

In den ehemaligen Henschelhallen des Werks Rothenditmold steht die 44er-Lok (benannt nach der Baureihe) jetzt in direkter Nachbarschaft zu dem Nachbau der ersten Henschel-Lok von 1848, dem Drache. Unter dem gleichen Hallendach sind die Oldtimer-Straßenbahnen der Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) zu sehen, die das Verkehrsunternehmen dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt hat. Für die Freunde historischer Schienenfahrzeuge ist das Kasseler Technikmuseum mittlerweile bundesweit zu einer interessanten Adresse geworden. „Wir haben jede Menge Anfragen für Führungen“, sagt Bernd Scott.


110 Tonnen schwer und 73 Jahre alt: Die Dampflokomotive, die bei Henschel in Rothenditmold gebaut wurde, steht jetzt im Technikmuseum auf dem ehemaligen Werksgelände. Foto: Malmus

Die 23 Meter lange Henschel-Lok von 1942 steht bereits seit vielen Jahren in Kassel. Im Sommer 2011 kam sie als Geschenk der Firma Bombardier vom Gelände des Industrieparks Mittelfeld nach Rothenditmold. Sie fuhr zuletzt im Ruhrgebiet und sollte eigentlich verschrottet werden. Im Technikmuseum hat die Lok, die früher Güterzüge bis zu einem Gewicht von 1200 Tonnen zog, eine neue Heimat gefunden. Mit der Unterstützung von mehreren heimischen Firmen und Sponsoren hat sie im Museum einen attraktiven Standplatz auf einem eigenen, etwa 40 Meter langen Gleis. Die Dampflokomotive soll in den nächsten Jahren vom Rost befreit und aufgearbeitet werden. Aus eigener Kraft fahren wird sie nicht mehr.

Aber auch so ist die Lok eine Attraktion. Als sie vor vier Jahren mit einem Tieflader auf die Freifläche vor dem Technikmuseum transportiert wurde, beobachteten das 500 Menschen an der Wolfhager Straße.

Technikmuseum, Wolfhager Straße 109, geöffnet Samstag von 11 bis 17 Uhr, mittwochs bis freitags von 14 bis 17 Uhr. Eintritt fünf Euro, ermäßigt zwei Euro.


 

HNA vom 2.4.2015

Im Visier der Alliierten

Kriegsende vor 70 Jahren: Henschel-Werke zu 80 Prozent zerstört

Kassel. Auf der Liste der deutschen Luftkriegsziele stand Kassel weit oben. Als Rüstungsstandort und Eisenbahnknotenpunkt wurde die Stadt vom Militär genau analysiert.

Vorrangiges Ziel der Bomberpiloten waren die Henschel-Standorte am Holländischen Platz, in Rothenditmold, Mittelfeld sowie Henschel-Flugmotoren in Altenbauna. Ebenfalls im Visier der Alliierten: Der Flugzeugbau von Fieseler in Bettenhausen, Waldau und Lohfelden, Wegmann in Rothenditmold, die Spinnfaser AG und Junkers in Bettenhausen sowie die Waggonbaufabrik Credé in Niederzwehren.

Bereits bei Angriffen vor der Bombennacht des 22. Oktober 1943 gab es große Schäden. Trotzdem wurden die Auslieferungszahlen immer weiter gesteigert. Sie erreichten bei Henschel 1944 ihren Höhepunkt. Je länger der Krieg dauerte, umso gnadenloser wurde zur Arbeit angetrieben.

Bis kurz vor Kriegsende gab es Angriffe. In Luftschutzstollen, die unter anderem die Werke Rothenditmold und Mittelfeld verbanden, suchten die Menschen Schutz.

30 Zulieferbetriebe unterstützten die Produktion. Die ging trotz der Zerstörungen weiter. Als die Amerikaner am 4. April 1945 in Kassel einmarschierten, rollte in Rothenditmold die letzte Dampflok aus der Halle. Auch Panzer wurden bis zum Schluss produziert. Die Werkshallen von Henschel waren zu diesem Zeitpunkt zu 80 Prozent zerstört. Ähnlich sah es bei Fieseler aus.

Bei Henschel nutzten die Amerikaner Teile der noch brauchbaren Hallen kurz nach Kriegsende als Reparaturwerkstatt. Töpfe aus Stahlhelmen Die ersten Nachkriegsprodukte bei Henschel waren Pfannen und Töpfe, die aus Stahlhelmen hergestellt wurden. Bei Kriegsende waren 80 Prozent aller Gewerbebetriebe der Stadt zerstört. Wo früher Straßen waren, zogen sich Trampelpfade durch Schuttberge.


 
HNA vom 6.1.2015

HNA Startseite> Lokales> Melsungen> Felsberg (Hessen)> Braunkohleabbau unterm Heiligenberg: Ein Bergmann berichtet

Braunkohleabbau unterm Heiligenberg:
Ein Bergmann berichtet



Gensungen. Fast 400 Jahre lang wurde unter dem Heiligenberg bei Gensungen Braunkohle abgebaut, die Zeche schloss 1953.

Glasklares Quellwasser dringt aus dem ehemaligen Oscar-Stollen. Der ist schon lange nicht mehr begehbar. Kaum zu glauben, dass die Bergleute einst durch dieses enge Loch Tag für Tag in den Heiligenberg gingen, um Kohle abzubauen.

Manchmal dauerte es bis zu 30 Minuten, bis man am Arbeitsplatz war. Daran erinnert sich Karl Alter (93) noch gut. Er hat bis zur Schließung fünfeinhalb Jahre in der Zeche Heiligenberg gearbeitet und ist der letzte noch lebende Bergmann aus Gensungen. Im Stadtarchiv an der Poststraße in Gensungen wird die Bergbaugeschichte lebendig gehalten. Sie ist das Thema des Tages der offenen Tür am Sonntag, 18. Januar, ab 14 Uhr. Die ehrenamtlichen Archivare haben viele Unterlagen über das braune Gold im Heiligenberg gesammelt.

Der Staat, Privatleute, zeitweilig eine englische Gesellschaft, das Traditionsunternehmen Henschel und Sohn und zuletzt die Preußen Elektra betrieben den Bergbau. Oscar Robert Henschel (1899 - 1982) leitete von 1924 bis 1957 in der sechsten Generation das einstige Unternehmen von Weltrang - daher der Name Oscar-Stollen.


Zwei Bergmänner am Eingang der Zeche Heiligenberg: Das Bild entstand um 1950. Drei Jahre später wurde die Zeche geschlossen.
Fotos/Repros: Schaake/Stadtarchiv

„Die Arbeit in der Zeche war schwer, aber sie hat mir gefallen, und sie brachte guten Lohn”, sagt Karl Alter. Der Stollen Richtung Langenwald führt nach seinen Worten bis zu 2000 Meter in Richtung Kiesecks-Spich in der Gemarkung Beuern. Alter: „Der Abbau der Kohle war sehr schwierig, da man oft auf eine Schicht stieß, die Ton, Sand und Wasser führte.” Dazu sagen die Bergleute Eiterbeulen. Alter: „Über allen Braunkohlevorkommen rund um den Heiligenberg liegt eine Schlemme aus Kies und Sand.”

Die Kohle aus dem Heiligenberg ist von „bester Beschaffenheit”, berichtete 1937 die Henschel-Werkszeitung, „sehr fest und stückreich, hat einen geringen Wasser- und Aschegehalt, hat einen sehr hohen Heizwert”. Gern wurde die Kohle als Hausbrand, aber auch in Bäckereien und Ziegeleien der Region verwendet.

Das Kohleflöz war nach den Worten Karl Alters bis zu zwei Meter mächtig. Unter Tage wurde der Stollen vom Steiger mit dem Kompass vermessen und mit Holz abgestützt. Nach dem Krieg förderten bis zu 120 Kumpel Kohle in zwei Schichten. Die dritte Schicht wurde nachts für Reparaturarbeiten genutzt. Pro Woche waren die Bergmänner 48 Stunden unter Tage.

„Abgebaut wurde im Akkord”, erzählt Karl Alter. Hauer und Schlepper bewegten pro Schicht etwa 22 bis 24 Kubikmeter gebrochene Kohle. Sie wurde auf Hunte verladen, wie die Förderwagen in der Bergmannssprache heißen. Die Hunte rollten auf einem Gleis ins Freie. Der beste Hauer war Karl Scharf, erinnert sich Alter: „Der Heimatvertriebene schaffte bis zu 40 Wagen in der Schicht - etwa 32 Kubikmeter.” Zuletzt wurden pro Jahr durchschnittlich 40 000 Tonnen Kohle gefördert.

Von Manfred Schaake