Der Firmenchef in schwersten Zeiten

Firmenleitung (1924 – 1957)

Als ich mit 25 Jahren zur Zeit einer schweren Wirtschaftskrise die Firma übernahm, ging es darum, durch neue Produkte zu überleben. Mit LKWs, Omnibussen, Teertankwagen, Dampfwalzen, aber natürlich auch neuen Lok-Entwicklungen konnte ich zwar Entlassungen nicht vermeiden, aber wenigstens die Firma erhalten.

Bis 1933 konnten wir unsere führende Stellung im Lok-Bau zurück erobern, aber danach kam viel Neues auf uns zu. Der Flugzeugbau in Berlin und in Altenbauna bei Kassel wurde eingerichtet, und 1936 wurden wir Rüstungsbetrieb, wie viele andere Unternehmen auch. Es begann die Tiger-Panzer-Entwicklung und -Produktion, dafür musste unsere Nutzfahrzeug-Produktion 1942 nach Wien ausweichen. Die Anzahl der Arbeitskräfte stieg auf ca. 30000, auch durch Zwangs-, Fremd- und Gastarbeiter. Im selben Jahr zwang man mich, meinen Posten an einen fremden, NS-treuen Firmenleiter abzugeben.

Zwischen 1943 und 1945 wurden unsere Werksanlagen durch Luftangriffe zu 80 % zerstört. Bei Kriegsende kam ich für zwei Jahre in amerikanische Gefangenschaft und anschließend dauerte es wiederum zwei Jahre, bis die Spruchkammer mich als Mitläufer eingestuft hatte und ich 1949 die Firma wieder übernehmen durfte.

In der Zwischenzeit hatten die Geschäftsführer von Henschel viel Phantasie aufgebracht, es wurden z.B. Haushaltsgeräte, wie Töpfe aus Helmen, Handwagen u.a. gefertigt. Beim Besuch von Bundespräsident Theodor Heuss im Jahr 1953 war Henschel & Sohn aber wieder oben auf, wir hatten über 10000 Mitarbeiter und es gab viele Auszeichnungen für unsere Leistungen.

Allmählich stellte sich jedoch heraus, dass unsere Konkurrenz u.a. mit neuen Entwicklungen bei Diesel- u. Elektro-Loks schneller war und dass unsere Firmenzukäufe nicht die erhofften Ergebnisse brachten. Wir gerieten in Schieflage! So sehr, dass ich schließlich die Konsequenzen zog und Anfang 1957 meine Position abgab. Das bedeutete das Ende von Henschel als einem Familienkonzern, der über 150 Jahre lang weltweit viele technischen Neuerungen mit höchster Qualität auf den Markt gebracht hatte.

Möchten Sie mehr wissen über diese turbulente Firmengeschichte?

Dann besuchen Sie unser Museum.

Zuletzt geändert am: 09.02.2024 um 11:49